Die erste Erlebnispädagogische Woche am SG des Kolping-Bildungszentrums Heilbronn
Nicht: London, Paris, Mailand. Stattdessen: Titisee-Veltishof. Nicht: Boulevards, Shopping Malls, Clubs. Stattdessen: Schwarzwald, Wandern, Lagerfeuer. Nicht: Sich im Trubel der Großstadt verlieren. Stattdessen: Sich in der Ruhe des Landes finden.
Ende April 2022 fand am Sozialwissenschaftlichen Gymnasium die erste Erlebnispädagogische Woche statt. Und damit zum ersten Mal der Versuch, eine andere Form von Studienfahrt ein- und durchzuführen, die mit Anliegen und Leitbild des SG’s wesentlich besser übereinstimmt als das Konzept herkömmlicher Studienfahrten: „Miteinander. Füreinander“ sollten die Schülerinnen und Schüler eine Woche lang gemeinsam unterwegs sein.
Die Gründe, einen derartigen konzeptionellen Wandel zu vollziehen, liegen auf der Hand – und sie waren unschwer zu vermitteln: Seit dem Jahr 2018 beteiligen sich auch an unserem SG Schülerinnen und Schüler an den „Fridays for Future“ Demonstrationen und fordern eine konsequente Verringerung des CO2-Ausstoßes unserer Industriegesellschaft, um die sich abzeichnende Erderwärmung und den damit einhergehenden Klimawandel so zu begrenzen, dass auch kommende Generationen auf unserem Planeten eine lebenswerte Zukunft haben. Gleichzeitig spüren und erleben wir die Auswirkungen unsers Reise- und Konsumverhaltens auf Klima und Umwelt immer stärker – sodass der Sinn von Studienfahrten zu weit entfernten Zielen sich weder mit der Haltung unserer Schülerinnen und Schüler noch mit einer ernsthaft gelebten Nachhaltigkeit in Übereinklang bringen lässt. Zwei Jahre Pandemie haben uns zudem schmerzhaft erleben und erfahren lassen, wie sehr „social distancing“ das Miteinander – gerade junger und jugendlicher Menschen – negativ beeinflusst, ja: gefährdet. Für eine lange Zeit fand Schule nur digital statt. Junge Menschen aber brauchen eine reale (Lern- und Arbeits-) Gemeinschaft für ihre sozio-emotionale Entwicklung.
Gute Gründe also, diesen gravierenden Fehlentwicklungen entgegenzutreten: Während die 13-Klässler in ihren Abitur-Prüfungen saßen, wanderten und erkundeten die 12-Klässler den Schwarzwald. Und: sich selbst. Als einzelne Person. Und als Klassengemeinschaft. Die Erlebnispädagogin und Biologie-Lehrerin Renate Neureither plante, organisierte und begleitete das neue Konzept. Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern entstand unter ihrer Anleitung und Hilfe ein vielseitiges und abwechslungsreiches Programm – immer mit dem Ziel, das Miteinander und Füreinander zu stärken: Wandern bei Nacht oder in der Ravenna-Schlucht, selbst gestaltete outdoor-escape-rooms, Kanufahren, Bogenschießen, Grillen am Lagerfeuer, gemeinsame Spiele, gemeinsame Erkundungen. Wie Erlebnispädagogik ganz praktisch aussehen kann? Zum Beispiel so: „Konstruieren Sie eine Marsrakete, die sicher auf dem Mars landet. Als Versuchsobjekt dient ein rohes Ei, das durch Ihr Konstrukt (= Marsrakete) meterweit geschleudert wird und unzerbrochen landet!“ Mag sein, dass die Ergebnisse (aus Watte, Luftballons, Klebeband und Schnur) wenig vertrauenserweckend, halsbrecherisch und aberwitzig aussahen, alle Eier aber landeten sanft und unzerbrochen. Es gilt: Soziale Gemeinschaften mögen zerbrechlich wie rohe Eier anmuten – richtig gefördert aber sind sie unzerbrechlich – und dazu geeignet, Schülerinnen und Schüler sicher durch eine lange, gemeinsame Schulzeit zu geleiten. Auch jenseits von Paris, London oder Mailand.